Die Ära der Familie von der Sode                                                  1738 - 1763




      











Wappen der Familie von der Sode:
Viergeteilt; oben links rote Rose auf weißem Grund, rechts daneben goldener linksgerichteter Löwe auf blauem Grund; unten links goldener rechtsgerichteter Löwe auf blauem Grund, daneben weiße Rose auf rotem Grund. Helmzier mit zwei gekreuzten Fahnen.


Als 1734 Thomas von Wickede im hohen Alter von 75 Jahren stirbt, hinterläßt er keine männlichen Erben. Seine Wittwe, 46 Jahre alt, stand nur ein Viertel des Besitzes zu. Die übrigen 3/4 gingen zu gleichen Teilen an seine vier Töchter. Da sie als Frau Rechtsgeschäfte nicht ohne männlichen Beistand machen durfte, ordnete die Lübecker Kämmerei ihr, wie auch den erbberechtigten zwei noch ledigen Töchtern Dorothea Johanna Agneta (*1728) und Elisabeth Agneta (*1730) Vormünder bei, darunter Dr. Lamprecht Procurator und Advocat in Lübeck. Die beiden anderen Töchter Sophia Wilhelmine (*1693), verheiratet mit Christian von Tode auf Rondeshagen und Margarethe Elisabeth (*1696) schon seit 1723 mit Georg Detlev von Plessen auf Basthorst verheiratet, wurden durch ihre Ehemänner vertreten. So gerät  Bliestorf bis 1738 direkt unter die Ver­­­waltung der Lübecker Kämmerei, die nun mit 5/8 des Besitzes die Majorität hält. 

Um einen größeren Einfluß Hannovers auf Bliestorf zu verhindern, wird die Wittwe noch 1738 ausdrücklich von der Lübecker Kämmerei davor gewarnt Vormünder für ihre Kinder einzusetzen, die nicht lübecker Bürger sind. So bleibt der Wittwe nur die Möglichkeit sich durch eine erneute Heirat dem Diktat der Kämmerei entziehen.

1738 heiratet sie in Gresse, ihrem Geburtsort, Johann Ludwig von der Sode, Sohn des hannoveraner Bürger­meisters und Hofgerichts Assessors Johann Hermann von der Sode (*1656, † 1703), wo sie dann auch wohnt und 1749 verstirbt. Johann Ludwig ist noch in Diensten beim Britisch-Hannoverschen Militär, als er zum Herrn von Bliestorf wird. Für die Kämmerei ist diese Heirat wohl ein Schlag ins Gesicht und so ist der spätere Fall Bliestorfs 1747 an Lauenburg bzw. Hannover schon vorgezeichnet.

Noch im selben Jahr, als von der Sode nach Bliestorf heiratet, wird mit der Verkoppelung begonnen. Damit ist Bliestorf eines der ersten verkoppelten Dörfer im heutigen Kreisgebiet. Einher mit der Verkoppelung und der generellen Umgestaltung der Feldmark, entsteht auch um 1740 eine neue Hofanlage, Neu-Bleystorf (s. Schloss).

1724 wird von der Sode in den Reichsadelsstand erhoben. Da Johann Ludwig bis 1744 noch als Soldat in Hannover tätig ist und seine Frau in Gresse lebt, wird Bliestorf durch einen Verwalter bewirtschaftet. Mangel an Zeit und sicherlich auch landwirtschaftliche Unkenntnis oder Desintresse führen dazu, dass der Bliestorfer Hof dann ab 1758 von der Familie von der Sode verpachtet wird. Erster Pächter wird Vollrath Casper von See (Pächter von 1758-1766) aus Grevesmühlen. Wahrscheinlich hat sich Johann Ludwig von der Sode, wie auch später sein Sohn Cuno Marquard, nie selbst um die Landwirtschaft gekümmert. Für die Administration wird Bartolomeus Penze (1744, auch 1745) als Wachtmeister und Verwalter bestellt, ihm folgt 1747 Jochim Balhorn (auch 1750) als “Hofmeister”.

Die Situation der Bauern verschlechtert sich trotz der unter der Wittwe des Thomas von Wickede (†1734) begonnenen Verkoppelung (1735-1744) erheblich. Die Dienste und Abgaben werden drastisch erhöht. Die Freizügigkeit der Bauern ist derart eingeschränkt, dass de facto kaum noch ein Unterschied zur Leibeigen­schaft besteht. So ist bei jeder Eheschließung der Consens des Gutsherrn von nöten und 1762 bittet Cuno Marquard von der Sode sogar die Hansestadt Lübeck entwichene Gutsleute wieder auszuliefern.

Aber auch äußerlich erfährt Bliestorf einschneidene Veränderungen, die teilweise bis heute noch Bestand haben, so der Bau des Neuen Hofes (ca. 1740 “Der Neue Hof”) und die damit verbundene Niederlegung des Holländerei Hofes am Ellerbrook. Die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zu Lasten des Waldes und die Anlage von Knicks im Zuge der Verkoppelung lassen das Landschaftsbild entstehen, dass wir noch heute vorfinden.

Miniatur

Johann Ludwig von der Sode, * Hannover 20.08.1695, † Hof-Bliestorf 22.07.1769, Erbherr auf Badekaw, Sohn des Johann Hermann von der Sode, Hofgerichtsassessor und Bürgermeister von Hannover und der Anna Sophia von Mannsberg. Britisch-Hannoveranischer Obrist, Lieutenant im Bülowschen Dragoner Regiment, Beckendorf, wird 1744 als Oberstlieutnant verabschiedet.

1. ∞ Vellahn/Meckl. 11.07.1720 Christine Wilhelmine Barbara von Pentz, * Brahlsdorf 08.11.1697, † 12.12.1730, V: Cuno Marquard von Pentz, Herr auf Brahlsdorf und Abel Maria von Pentz aus dem Hause Raguth.

2. ∞ Gresse 21.02.1738 Magdalena Juliane Wwe. von Wickede, geb. von der Knesebeck aus dem Hause Gresse, * Gresse 18.04.1688, † 02.09.1749, sie 1.∞ mit Thomas Hinrich von Wickede, Erbherr auf Bliestorf († 1734)

Kinder: Aus der ersten Ehe gingen 4 Töchter und 3 Söhne hervor, darunter
Cuno Marquard * Gresse 19.12.1728 weiter s.u.
Dorothea Juliana Eleonora ∞ Krummesse 25.04.1744 Georg Thomas von Wetken, Erbherr auf Schenkenberg,
Anna Sophia † Bliestorf 1763
Agnesa Elisabeth ∞ Krummesse 1754 Otto Marquard von Pentz, Lieutnant
Abel Maria ∞ Krummesse 1756 August Heinrich von Sprengel, Hauptmann
 

Laquaien am Bliestorfer Hof:
1760 Christopher Junck
1763 Hans Fick

Kutscher:
1755/1759 Johann Adam Eggers




Cuno Marquard von der Sode, * Gresse 19.12.1728, † Bliestorf(?) 22.03.1777, Rittmeister
∞ 23.11.1748 Gresse Elisabeth Agneta Catharina von Wickede,
* Bliestorf  03.04.1730, † 07.02.1757, Tochter des Thomas Hinrich von Wickede Erbherr auf Bliestorf

Kinder:
Christina Magdalene Wilhelmine, * Mölln 08.12.1751,
Johann Ludwig, * Bliestorf 28.01.1757, † Hamburg-Harburg 19.12.1816
 



"Lauenburger Pferd"

Vergleich von 1747 und Reunion mit dem Herzogtum Lauenburg

Die schon am 10. Mai 1718 von den Landbegüterten von Wickede (Bliestorf), von Brömbsen (Krummesse) und von Tode (Kl. Berkenthin u. Rondeshagen) mit der königlichen Regierung ausgehandelten Übernahmebedingungen sind für Lübeck natürlich völlig inakzeptabel und würden die schon durch Schenkenberg losgetretene Lawine vollends ins rollen bringen und somit den Verlust sämtlicher lauenburgischer und holsteinsicher Besitzungen zur Folge haben. So müssen 1718 noch von Wickede und von Bömbsen dem Lübecker Rat beeiden, dass sie bei der Hansestadt Lübeck verbleiben wollen, wohl aus Angst sonst ihren Grundbesitz innerhalb Lübecks zu verlieren.

Gleich nach seiner Heirat 1738 nimmt  Johann Ludwig von der Sode die Verhandlungen über die Reunion mit dem Herzogtum Lauenburg wieder auf. Aus diversen Schreiben (LAS Abt. 210 Nr. 636) an den Landdrosten von Oldershausen ( Jobst Ludwig Adam von Oldershausen, Lauenburgischer Landdrost 1738-1754, *1700, † 1754) geht hervor, dass sich die Verhandlungen mit Lübeck als sehr zäh erweisen. Von der Sode, königstreuer Hannoveraner, überläßt die Verhandlungen vorsichtigerweise und nicht ganz uneigennützig dem Lauenburger Landdrosten, um nicht mit dem Lübecker Rat  in Konflikt zu geraten. Zwar hat er keinen Grundbesitz in der Hansestadt wie seine Vorgänger die von Wickede, doch ist auch für ihn Lübeck der wichtigste Handelspartner und so befürchtet er bei bekanntwerden seiner Absichten Repressalien Seitens der Stadt.

1740 wendet sich das Blatt dramatisch zu Ungunsten Lübecks. Durch die in diesem Jahr in Hannover erschienene Schrift “Gründliche Nachrich der Vogtei Mölln”  von  J.G. Meyern, in der ein Großteil für Lübeck nachteiliger Urkunden veröffentlicht wird, droht Lübeck den seit 1552 andauernden Prozeß um die Vogtei Mölln vor dem Reichskammergericht gänzlich zu verlieren. Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, ist Lübeck jetzt bereit mit der Hannoverschen Regierung einen aussergerichtlichen Vergleich zu schließen. 1747 ist es dann endlich soweit. Lübeck ist bereit u.a. die vier Güter Bliestorf, Grinau, Kastorf und Rondeshagen förmlich an Hannover abzuteten, darf dafür aber andere wie Krummesse und Behlendorf behalten.

Damit ist das Ringen aber noch nicht zu Ende. Die Regierung in Ratzeburg fordert am 19. Februar 1748 die Ritter- und Landschaft auf, die vier Gutsbesitzer, von der Sode, Etatsrat von König, von Wickede Curatorien und von Tode, zum Convent zu laden. Diese Ladung geschieht dann auch zum 18. Februar 1749 und es erscheint hier der Obristlieutenant von der Sode mit Vollmacht der anderen Begüterten. Von der Sode verspricht im Namen aller Gutsbesitzer, dass die vier Güter ihren Beitrag zur Landesnecessarien und Syndicatsgeldern leisten würden.

Doch später machen dann die Gutsbesitzer Einwendungen oder knüpfen ihre Bewilligung an Bedingungen, auf welche Ritter- und Landschaft sich nicht einlassen wollen, so dass die Aufnahme unterbleibt.

1760 bringt die königliche Regierung  die Angelegenheit wieder zur Sprache. Nunmehr treten (1763) die vier Gutsbesitzer mit der Forderung auf, dass ihnen die 1718 zugesicherten Rechte bestätigt werden möchten. Erst am 1. Januar 1769 erfolgt darauf eine Entschließung im Namen des Königs: “man hätte erwartet, daß von so einem unangemessenen Verlangen abgestanden wäre; obgleich die Vorfahren der jetzigen Besitzer durchaus die damals zugesagte Mitwirkung nicht geleistet hätten, wären dennoch alle Zusagen (mit Ausnahme des Compatronats von Berkenthin) von Seiten der Landesregierung erfüllt; gegenwärdes Landes und wären dadurch der allgemeinen Landesprivilegien theilhaftig”. – Am 9. August 1770 erfolgt endlich die Vereinigung der drei Güter Rondeshagen, Kastorf und Bliestorf mit der Ritterschaft. Grinau, damals von dem Besitzer Trenthorsts, Nöhring, mitbesessen, folgt später.



Durch diese Abtretung ändert sich nun auch der Verlauf der Staatsgrenze zwischen Lübeck  und Hannover. So wird Duplat 1747 beauftragt u.a. auch die bliestorfer Grenze nach Krummesse hin zu vermessen und zu dokumentieren.



Ausschnitt aus der Duplat-Karte von 1747; Das Original befindet sich in der Kartensammlung des Landesarchives Schleswig (LAS 402 B IV Nr. 23)



Die Grenze zwischen der Hansestadt Lübeck und dem Kreis Herzogtum Lauenburg bei Bliestorf.
Links der Grenzstein " STL 10" = Stadt Lübeck



Und hier die Rückseite des selben Steines "H.L" nicht wie man irrigerweise glauben mag für Hansestadt Lübeck, sondern für Herzogtum Lauenburg


Der Bliestorfer Landadel und seine weitreichenden Beziehungen            1752

Nachfolgend ein Brief von Johann Ludwig von der Sodes an seinen Bruder August von der Sode in Hannover, Bliestorf vom 16. Mai 1752 (original Brief) der deutlich macht, wie weitreichend die Beziehungen der Familie von der Sode waren. Offensichtlich hatte man noch engen Kontakt zur übrigen Familien in Hannover und nahm auch am öffentlichen Leben in Lübeck teil.

1. Seite
Monsieur / Herr
et tres Cher freree / und liebsten Bruder

ob die Lübeckschen deputierten in Hanno-
ver zu kost bahr gekleidet gegangen sindt,
und ob die selben gutt aufge-
nohmen, und viele zu gaste gebethen,
da von wirdt maan wohl nicht erfahren
können, Albediehl(1) wird für wohl auf
den Händen getragen. Haben
die italienschen  Commedianten seidt
sie, von Hannover ab, in Lübeck ver-
muthen, und wollen die selben von
Lübeck zu waßer nach Petersburg
gehen;
Peterswald(2) hatt zwei schöne güther alß


2. Seite
Pretier und Quassell nach geheißen,
ist aber auch so viell darauf schuldig, als
wie deine güther werth sindt, und wirdt
sich solches mitt ersten zeigen, und eclatt
werden,
mich soll noch verlangen, wie es mit Maren-
holtz(3) wirdt, der Oberstallmeister soll
er doch gernes werden wollen
dir rechnung von denen 30 Thl. habe
ich richtig erhalten, und nichts da-
bey ein zu werden, und ist mir lieb
daß dem bruder mitt dem Oldendorffer
meyner gantz richtig geworden ist, denn
je länger die Sache an gestanden je ..
je dificiler wenn der baurgeworden,
dhsr. Obristlieutenant Polier ißt vori-

3. Seite
gen mittewochen gestorben, und Me:
nett man, daß das gantze avancement/ Beförderung
in dem Regimente bleiben wird
ich beharre unverhedertt.

Monsieur
A tres Cher frerre

Blysdorff d., 16ten May 1752

votre tres adonné/ Euer hingebungsvoller
serviteur/ Diener
J.L. von der Sode


meinen Kindern
versichere ihre
ergebenheitt.



1. Albediehl = Albedyll, Friedrich Christian Freiherr von Albedyll, Erbherr auf Niendorf/Stecknitz † 1769
2. Peterswald, von, Karl Friedrich *?, † 1752, Erbherr auf Pritzier, Quassel, Reckentin etc. Oberstallmeister
3. Mahrenholtz, von, Freiherr Levin Friedrich, kurhann. Kammerherr und Oberstallmeister, Landschaftdirektor des Fürstentums Lüneburg und Abt von St. Michel *1715, † 1784



Der Nordische Krieg                                                      1700-1721 (1713-1721)

Sachsen und Dänemark waren seit 1697 verbündet. Sächsische Truppen fielen in Livland und dänische in Holstein ein. Die Dänen mussten aber noch im selben Jahr wieder Frieden schließen (Travendal), da die Armee Karls XII. von Schweden Kopenhagen bedrohte. Auch Peter I. von Russland erklärte Schweden 1700 den Krieg. In der Schlacht von Narwa musste der Zar allerdings eine beschämende Niederlage hinnehmen.

Die Offensive lag nun in den Händen der Schweden. 1704 hielt Karl XII. Polen besetzt, ließ August III. als polnischen König absetzen und stattdessen Stanislaus Leszczinski wählen. Im Frieden von Altranstädt 1706 zwischen Sachsen und Schweden musste August offiziell auf die polnische Krone verzichten.

Während Karl XII. mit seiner Armee in Polen stand, eroberten die Russen das Baltikum. Der schwedische König, mehr militärischer Draufgänger als rational orientierter Stratege, wandte sich nun gegen Russland. Er versuchte die ukrainischen Kosaken und die Osmanen für den Kampf gegen den Zaren zu gewinnen. Die schwedische Armee, längst von allen rückwärtigen Verbindungen abgeschnitten und durch den harten Winter 1708/09 schwer angeschlagen, wurde bei der Belagerung von Poltawa 1709 von russischen Truppen aufgerieben. Karl XII. selbst entkam in die Türkei.

Dort bewegte der schwedische König die Türken zur Wiederaufnahme des Krieges gegen Russland. Zar Peter I. forderte seinerseits die Türken auf, den schwedischen König auszuliefern. Da seine Forderung nicht erfüllt wurde, marschierte er in Moldawien ein. Am Pruth fand sich Peter jedoch 1711 in einer strategisch hoffnungslosen Lage. In Verhandlungen mit den Türken musste er Azov an das Osmanische Reich zurückgeben. Karl XII. erhielt eine Durchreiseerlaubnis und schlug sich ohne Armee nach Schweden durch.

Inzwischen hatten Sachsen und Dänemark ihr Bündnis mit Russland wieder aufgenommen. Auch Brandenburg-Preußen (forderte Stettin) und Hannover traten nach dem Frieden von Utrecht 1713 gegen Schweden in den Krieg ein. Nach dem Verlust von Rügen, Usedom und Wismar fiel Karl XII. 1718 vor der Festung Fredrikshald in Norwegen.
Das anti-schwedische Bündnis brach danach zusehends auseinander, so dass die einzelnen Mächte den Krieg nicht fortsetzten. Hannover schloss 1719 den Waffenstillstand, Brandenburg-Preußen 1720 (erhielt Pommern mit Stettin und den Inseln bis zur Peene).

Russland diktierte 10.9.1721 danach den Frieden von Nystad. Russland erhielt Livland, Estland, Ingermanland, einen Teil Kareliens und das Recht zur Intervention in die schwedische Ständeverfassung.

Russland löst Schweden damit als Ostseegroßmacht ab und wächst als fünfte Großmacht in das Konzert der europäischen Mächte hinein. Brandenburg-Preußen baut seine Vormachtstellung in Norddeutschland aus.



Landesverfassung
Aus den Lübeckischen Pertinenzien:
Gericht Bliestorf erhöte Contribution: 13 M. 24 Schilling, Exemtensteuer 141 M. 12 Sch.
Die ordinaire Contribution beträgt monatlich vom Gericht Bliestorf 2 Mark und 9 Schilling.


1741 siedelt sich auch ein Salzburger Emigrant, Hinrich Christoph Redders in Bliestorf an. Dieser hatte wohl wie 30.000 seiner Landsleute 1732 seine Heimat wegen seines Protestantischen Glaubens verlassen.



Staatsgrenzen zwischen Lübeck und Lauenburg

1746 der Oberstleuitnant von der Sode beschwert sich bei der Lauenburgischen Regierung wegen der Inhaftierung  seines Bedienten. Dieser hatte in Krummesse den Lauenburgischen Grenzposten mißachtet und war auf seinem Pferd einfach daran vorbeigallopiert ohne zu halten. Daraufhin wurde er verhaftet und für 8 Tage in Ratzeburg arrestiert.
LAS Abt. 211 Nr. 197





Die Zeit des Generalmajor von Müller                                            1763 - 1789


  Wappen der Familie von Müller:
vertikal geteilt; links ein halbes Mühlrad, rechts eine gespiegelte Lilie

Johann Vincent von Müller wurde  am 10.05.1708 in Adlersburg bei Grünendeich in der Nähe von Stade als Sohn des klg. schwedischen Majors Johann Vincent von Moller, Herr auf Adlerburg geboren. Seine Mutter, Juliane Victoria war eine geborene von Brandt. Nach von Lenthe/Mahrenholz „Der Adel Niedersachsens“ Celle und Hannover 1964, handelts es sich bei der Familie von Müller = Moller vom Baum ursprünglich um eine Hamburger Ratsfamilie, die in schwedischen Diensten in Hamburg und im niedersächsischen Kreis tätig war, die 1613 in den Reichsadelstand erhoben wurde und 1654 die schwedische Adels-Naturalisation erhielt. Die Familie hatte Besitzungen in Adlersburg (=Grünendeich), Neßhof, Müllersburg und Ziebel (im Alten Land).

7. Dragoner Regiment 1760

Seine millitärische Laufbahn ist uns wie folgt überliefert: 18.09.1730 Fähnrich im 8. Drag.-Rgt., 19.04.1741 Leutnant, 09.12.1746 Kapitänleutnant, 20.02.1748 Kapitän (1755 Kapitän im Drag. Rgt. du Pontpietin), 1757 Major im Rgt. v. Bock, 1758 Oberstleutnant im 6. Drag.-Rgt. Maximilian von Breidenbach, 1761 Oberst und Chef des 7. Drag.-Rgts. Ernst August von dem Busche, 03.08.1772 Generalmajor, 1780 Inspekteur der kurhann. Kavallerie.

Er war zweimal verheiratet:
1. ∞ 02.11.1751 von Hagen, Catharina Elisabeth Dorothea ˜ 31.07.1733, † Stolzenau 02.08.1765, Vater:  Philipp von Hagen, Oberamtmann zu Walsrode

2. ∞ Celle-Neuenhäusen 23.011.1767 von Schilden, Luise Friederike  * Wustrow 07.08.1741, † Celle 18.05.1830, Eltern: Bodo Friedrich von Schilden, Oberamtmann zu Wustrow, ˜ 10.05.1697, † Wustrow 13.05.1765, 1724 Oberamtmann ebd., ∞ Albertine von Hugo * Stolzenau 02.10.1715, † Ebstorf 27.02.1799.

Aus diesen Ehen gingen folgende Kinder hervor:
1. Louise Dorothea * Stolzenau 21.10.1763, † ebd. 10.08.1764
2. Albertina Juliana * (Vilsen) 11.12.1768, † Celle 10.02.1829, ∞ Nienburg 18.03.1791 Ferdinand Anton Friedrich von Bothmer, * Bennemühlen 05.08.1758, † Stolzenau 19.11.1826, U 27.10.1778 Göttingen, 1781 Auditor Nienburg, Drost: 1785 Nienburg, 1789 Diepenau, 1795 Stolzenau.

1780 wird von Müller zum Inspekteur der Kurhannoverschen Kavallerie befördert. Diese hatte ihr Stabsquattier seit 1777 nach Nienburg an der Weser verlegt. So wechselt er noch im selben Jahr seinen Wohnsitz dorthin, wo er dann im Alter von 72 Jahren am  02.01.1781 auch verstirbt und beigesetzt wird. Sein Grab ist heute noch in Nienburg erhalten und ein Epitaph in der Nienburger St. Martini Kirche erinnert an ihn als bedeutende Persönlichkeit.





Wie man schon aus obigen Daten erkennen kann, hat Generalmajor von Müller und dessen Familie nur wenig Zeit auf Gut Bliestorf verbracht. Der Hauptwohnsitz der Familie war in Stolzenau an der Weser (bei Nienburg). Wahrscheinlich war von Müller nur halbjährlich in Bliestorf, um Gericht zu halten und um nach dem Rechten zu sehen. Als Wohnsitz wird er Bliestorf kaum genutzt haben. In Bliestorf war er nachweislich nur am 25. Juli 1770, 11. Okt. 1771, 29. Sep. 1775, 30. Okt.1775, 19. Okt.1776, 29. Aug.1777, 10. Sep.1778 (am 12. Feb. 1774 und 26. Juli 1776 verweilt er in Bruchhausen und erledigt seine Geschäfte vom dortigen Jadgdschloß aus).

Für von Müller, der sein ganzes Leben dem Militär witmete, war Bliestorf lediglich eine Kapitalanlage. Der landwirtschaftliche Betrieb ist bei Übernahme des Gutes 1763 zunächst noch an Vollrath Casper von See (1758-1766) verpachtet. 1766 verpachtete dann von Müller den Hof an Nicolaus Struck (1766-1778). Diesem folgt 1778 Anton Friedrich Stricker (1778-1789) der bis zur Veräußerung des Gutes 1789 an Henning von Rumohr Pächter bleibt.

Die Verwaltung des Gutes wurde von sogenannten “Hofmeistern” übernommen:  1770 Effland, 1780 Alberti, 1785 Susemihl (?), denen ein Schreiber zur Seite stand.

Von einem dieser Hofmeister wissen wir aus der Bliestorfer Registratur, dass er, Gustav Friedrich  Alberti (*1756 Stuhr, † 1780), Sohn des Pastors Johann Alberti aus Stuhr, im Alter von 24 Jahren 1780 in der Strecknitz ertrank. Die Umstände sind wohl auch vom bliestorfer Gericht untersucht worden, doch da die Akte nicht mehr erhalten ist, können wir nur spekulieren, ob es sich dabei um einen Unfall handelte.

Vögte auf dem Gute waren zu Müllers Zeiten 1766 Jochen Levin Seemann und 1780 Hans Hinrich Clasen.

Auf dem Hof war zu dieser Zeit folgendes Personal beschäfftigt: 1776 Schlüter, Haushälterin; 1769 Hans Grube, Laquai; 1774 Friedrich Meinke, Gärtner; 1771/76 Niehus, Tischler.

Im Jahre 1714 bestieg Kurfürst Georg Ludwig von Hannover als Georg I. den englischen Königsthron. Die Personal­union Hannovers mit Großbritannien bestand staatsrechtlich nur in der Gemein­samkeit des Herrschers. Das Kur­fürsten­tum Hannover, zudem auch das Herzogtum Lauenburg zählte und eben seit 1747 auch wieder Bliestorf, wurde nicht Teil des britischen Reiches, sondern blieb ein selbstständiger Staat im deutschen Reichsverband. In Abwesenheit des Landesherren wurde es von dem mit erheblichen Machtbefugnissen ausgestatteten Geheimen Ratskollegium regiert.


  

Die Kurhannoversche Armee hatte 1775 eine beträchtliche Stärke. Teile der Armee wurden vielfach außerhalb des Heimat­landes in englischen Diensten verwendet, “in englischen Sold gestellt”. So beteiligten sie sich u.a. auch 1776 auf britischer Seite am Amerika­nischen Unabhängigkeitskrieg. Diese Tatsache macht deutlich, dass weit mehr, als man es bisher wahrhaben wollte, die Personalunion für den kleineren Partner Hannover ein Satellitenverhältnis war. Auch in Bliestorf wurden seit 1746 Soldaten für Hannover angeworben.  So war der Gutsbesitzer verpflichtet Listen von Dienstfähigen Recruten zu führen, damit sich die Regierung in Hannover einen Überblick über das vorhandene Potential machen konnte .

Die Soldaten des 7. Dragoner-Regiments, dessen Chef seit 1761 von Müller war, trugen dunkelblaue Röcke. Die Kavallerie-Kaserne lag am Nordwall von Nienburg. Das 7. Dragoner-Regiment war 400 Mann stark und besaß 375 Pferde.


Hannoveranischer Vermessungsingenieur

Landesaufnahme

Während der von Müllerschen Zeit finden zwei topographische Vermessungen Bliestorfs statt. Die erste durch Offiziere des Hannoverschen Ingineurkorps 1776/1777. Dieser noch erhaltenen Kurhannoverschen Landesaufnahme im Maßstab 1:21 333 1/3 (Blatt Nr. 55 Steinhorst) verdanken wir detaillierte Einblicke in die damaligen Verhältnisse von Bebauung, Natur und Nutzflächen. Zu Bliestorf gehören laut dieser Karte von 1776 22 Feuerstellen (d.h. das zu den bestehenden 17 Höfen noch fünf weiter Haushalte bestanden haben müssen), der Alte Hof  ist mit 2 Feuerstellen gesondert angegeben.

Unsere freundliche Willfahrung zuvor Ehrbar wohlgelahrte Ehrsame und weise gute Freunde!
Es haben  Seine Majestät Unser allergnädigster Herr die Vermeß- und Encartierung dieses Herzogtums
befohlen. Und da die dazu benannte Ingenieur-Offiziere, nämlich die Hauptleute Hogreve und Benoit und der Fähnrich von Walthausen die Aufgetragene Arbeit bereits angefangen, so hat jedes Amt und Gericht ersagten Offiziers bei Ausrichtung dieses Geschäftes, besonders zur Ausfindung der eigentlichen Grenzen und Scheiden allen Vorschub zu leisten und ihnen mit den nötigen Nachrichten und allenfalls vorhandenen Karten an die Hand zu gehen. Und wir bleiben Euch zu freundlciher Willfahrung geneigt.

Ratzeburg, den 30ten April 1776
Königl. Großbrit. zur Kurfürst. Braunschw.-Lüneb. Regierung im
Herzogtume Lauenburg verordnete Landdrost und Regierungsräte
v. Kielmansegge.




Ausschnitt aus der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1776 (allerdings ist hier fälschlicherweise der ganze Heideteich Bliestorf zugeordnet)

Die zweite, holsteinische Vermessung durch Vahrendorf zwischen 1789-96 fällt offensichtlich nicht so genau aus, denn z.B. der Verlauf des Kastorfer Mühlenbaches ist im Gegensatz zur o.g. Vermessung nicht richtig wiedergegeben. 





Fr. General von Müller nimmt Wiese im Wert von 5 Fuder Heu jährlich weg. 1 Fuder = 6 Rthl. x 5 = 30 Rthl.
Für den Zeitraum von 1781-1789 = 240 Rthl.
indirekter Dünger im wert von 80 Rthl.
1786 Roggenaussaat in Rondeshagener Heide 12 Rthl.
1785 Land beim Hofe 4 Rthl.
Abfall aus der Brauerei 20 Rthl.
nicht gelieferte Hasen 6 Rthl.
nicht geleistete Hand- un d Spanndienste der Hufner und Kätner während der Ernte 480 Rthl.
Wegegeld nach Hamburg 6,22 Rthl.



chronologische Übersicht

1764 Acta dem Müller Köpke zu Krummesse betr. pto. eines dem bliestorfschen Bauern Jörges (=Jürs) eingerittenen Pferdes. AHL Cameralia Krummesse/Untertanen

1765 Verbot über das Emigrieren von Landesuntertanen

1766 Errichtung einer Wittwenverpflegungsgesellschaft.

1774 General von Müller legt bei der Brömbsen Mühle einen Schlagbaum an, jedoch wird auf Verlangen der Lübecker Kämmerei dem Brömbsen Müller ein Schlüssel dazu ausgehändigt.  AHL Cam. S. 542 Nr. 16a

1776 Verordnung über die Beschränkung der Handwerker auf dem Lande.

1777 Fleckfieber in Krummesse u. Klein Sarau

1784 Feuerordnung “für das platte Land”

1785 Pächter Wilken vom Krummesser Gut läßt etliche von den bliestorfer Bauern auf dem Heidedamm hingesetzten Zäune mit Einvernehmen der Lübecker Kämmerei wieder entfernen.

1783-1787 Grenzsteinverrückung an der Bliestorfer Scheide.