Brauerei und Brennerei
Das Bierbrauen spielte für die meißten Güter früher eine wichtige Rolle. Bier gehörte zu den Grundnahrungsmitteln und wurde von jung und alt getrunken. Man braute hauptsächlich Dünnbier aus Gerste, das an den Dorfkrug, der meißt wie auch in Bliestorf zur Bauernvogtstelle gehörte geliefert wurde, versorgte damit die eigenen Tagelöhner und verkaufte es direkt an die übrigen eigenen Untertanen wie Hufner, Käthner, und Brinkbesitzer im Dorf. Das Braurecht gehörte schon seit dem Mittelalter zu den Bliestorfer Gutsgerechtigkeiten. Hopfen und Gerste baute man ohnehin für den städtischen Markt an und geeignetes Wasser war durch den Kastorfer Mühlenbach reichlich vorhanden. Was lag also näher, als gleich für die nahegelegenen Städte mitzubrauen.
So waren Lübeck, Ratzeburg und Mölln seit dem 16. Jahrhundert als potentielle Absatzmärkte von den Landbegüterten ins Visir genommen worden, die damit aber den Unmut der städtischen Brauer auf sich zogen. Diese beschwerten sich beim Lübecker Rat darüber. Per kaiserlichem “Bescheid” wurde 1605 den Landbegüterten, darunter auch Nicolaus Tode, ihr Braurecht für den Eigenbedarf bestätigt. Was darüber hinaus produziert und in Lübeck verkauft würde, sollte wie das städtische Bier aczisepflichtig (10 Schilling pro Tonne) sein. Die Landbegüterten, deren Güter wie Bliestorf außerhalb der Landwehr lagen, fühlten sich von diesem Beschluß nicht betroffen, war das Braurecht doch ein Bestandteil ihrer Freiheiten, die ihrer Meinung nach nicht der lübschen Juristiktion unterstanden. Und so dachten die meißten Landbegüterten die auch gleichzeitig Ratsmitglieder waren, nicht daran ihre Privilegien zu Gunsten der Brauer aufzugeben, so dass der Streit 1665 in die sogenannten Rotbraueraufstände eskallierte.
Da die Bliestorfer Brauerei offensichtlich schon vor 1665 existierte, und sich bei der Taxierung im Jahre 1685 in keinem guten Zustand befand, ist anzunehmen, dass sie ebenfalls durch diese Handwerkerunruhen in Mitleidenschaft gezogen wurde, zumal die Güter Krummesse und Kastorf betroffen waren, und es unwahrscheinlich erscheint, dass das dazwischenliegende Bliestorf verschont geblieben sein soll (s. von Wickede, Handwerkerunruhen 1652-1665). 1668 billigt der Lübecker Rat den Landbegüterten ihre Braugerechtigkeit zu.
Wie wichtig der Handel mit eigenen Bier auch für den Bliestorfer Gutsherrn war, macht schon ein Vergleich aus dem Jahr 1684 klar. So einigten sich Thomas Heinrich von Wickede auf Bliestorf und Gotthard von Brömbsen von Krummesse darauf, dass den Kronsfordern gestattet sein soll eine Tonne Bieres (bzw. 2 1/2 oder 4 Vierteltonnen) mit “in den Heisch” (in die Heide) zu nehmen. Was darüber hinaus verkonsumiert
werden würde, sollte dann aber aus dem Bliestorfer Krug genommen werden. Und noch in den Erbpachtbriefen beginnend mit den Jahren 1790 bzw. 1817 werden die Bliestorfer Bauern zur Bliestorfer Brauerei zwangsverpflichtet.
Vielleicht die erste Nachricht über die Bliestorfer Brauerei stammt aus dem Jahre 1617. So wird in den Vernehmungsprotokollen des Grinauer Hexenprozesse ein “Bruer Asmus” genannt, der nach Bliestorf gehören muß.
Aus der Taxierung des Dorfes Bliestorf von ca. 1685 erfahren wir folgendes:
Brennerey: Die Brennerey wan sie erstlich da ist, kan daß Jahres 200 Mark tragen = 200 Mark
Brawerey: Die Brawerey anlangent, weill deßelben alle Jahr kan 200 Mark eingehoben werden, wan sie im gueten Standte ist Capital 4000 Mark
Die Brennerei war also 1685 erst in Planung und die Brauerei, die schon vorher bestand, mußte erst wieder in Stand gesetzt werden.
1785 heisst es in einer Abrechnng des Generals von Müller: "Abfall aus der Brauerei 20 Rthl."
Bei der Brauerei und Brennerei handelte es sich wie bei der Schmiede und der Holländerei um einen Pachtbetrieb, d.h. der Betrieb wurde an einen qualifizierten Braumeister gegen Pacht vergeben. Neben dem schon genannten Brauer Asmus, sind uns noch vier weitere Braumeister durch das Krummesser Kirchenbuch überliefert: Johann Ridders (1760), Detlef Lenten (1762), Johann Sturm (1774) und Jürgen Friedrich Blunk (1800).
Mit der Verlegung der Hamburg-Lübecker-Landstraße um 1675, nahm der Fracht- und Personenverkehr erheblich zu, so dass Thomas Hinrich von Wickede ein lukratives Geschäft witterte und die Schmiede mit einem dazugehörigen Krug direkt an der Landstraße erbauen ließ. Die Brauerei selbst befand sich direkt hinter der Schmiede auf der anderen Seite des Kastorfer Mühlenbaches und gehörte zum Anwesen des “Alten Hofes”.
Mit der Pachtung der Schmiede hatte der Schmied auch geichzeitig die Kruggerechtigkeit erworben und er war dazu verpflichtet dort das Bliestorfer Bier auszuschenken. Aus einer Abschrift für den Krummesser Pfarrer aus dem Jahre 1860 geht folgendes hervor: “Bis 1849 hat der Schmied Landau und der Bauernvogt Krieger in Bliestorf für den Brannteweinzwang 22 Mark 8 Schilling bezahlt, so zahlt der Schmied Landau 1860 als Krugpacht 15 Mark Courant.”
Ob nun aus Ermangelung oder wegen schlechter Qualität des Bieres ist nicht überliefert, so hatte jedenfalls der Schmied Dieckmann 1762 fremdes Bier in seinem Krug verkauft, welches nun gleich den Pächter von See auf den Plan rief. Dieser hatte mit dem Gut auch die Brauerei und Brennerei gepachtet und war natürlich daran interessiert, dass sein Bier, das “Bliestorfer” im Krug ausgeschenkt wurde. Diese Pflichtverletzung des Schmiedes hatte dann auch eine Verhandlung vor dem Bliestorfer Gericht zur Folge, leider ist diese Akte nicht mehr existent, aber man kann wohl davon ausgehen, dass Dieckmann zu einer Geldstrafe verurteilt wurde; sein Pachtvertrag wurde jedenfalls nicht aufgehoben, denn 1767 ist er im Krummesser Kirchenbuch noch als Bliestorfer Schmied zu finden.