Die Schmiede

Bei der Bliestorfer Schmiede handelte es sich um eine Erbpachtschmiedestelle, die zum Bliestorfer Gut gehörte. Mit der Schmiedepacht war von Anfang an auch die Krug­gerechtigkeit verbunden, so dass der Schmied neben seiner Schmiede auch einen Krug in seinem Hause unterhielt. Noch 1892 Läßt sich der Schmied Warnke diese Krug­gerechtig­keit vom Amt bestätigen.

1776 lag sie bereits wie heute an der Hamburg-Lübecker Landstraße am Abzweig zur Brömbsenmühle.  Das Anwesen bestand aus einem kombinierten Wohn- und Wirtschafts­­gebäude, Schmiede und dem gegenüberliegenden Backhaus (s. heute noch Flurname “Backhauskoppel”).

  












Die Schmiedestelle 1776,
daneben der "Alte Hof"


1714 wird im Krummesser Kirchenbuch erstmals ein Bliestorfer Schmied, Cord Schmidt genannt. Vermutlich ließ Thomas Heinrich von Wickede (1659-1734) das Schmiede­anwesen 1708 zusammen mit dem abgebrannten Alten Hof, neu errichten. Mit der Umwandlung der Hamburg-Lübecker-Landstraße in einen besser befahrbaren Steindamm kurz vor 1696, das Amt Steinhorst  folgt 1717, nahm der Frachtverkehr auf dieser Straße erheblich zu. “Da Fuhrleute und Reisende häufig ihre Wagen zerbrechen” sah Thomas von Wickede wohl die Möglichkeit einer weiteren Einnahmequelle. Die Errichtung des Anwesens direkt  an der Landstraße macht deutlich, dass die Schmiede und der Krug nicht nur für das Dorf und das Gut gedacht waren, sondern auch den Fernverkehr als potentielle Kundschaft mit einbezog.

Ohnehin waren Schmieden in der Nähe anderer Gebäude nicht gern gesehen, da die Funken des Schmiede­feuers eine ständige Brandgefahr für die mit Reet gedeckten Häuser darstellten. Ein Grund auch, weshalb die Schmieden im Gegensatz zu den übrigen ländlichen Gebäuden meist schon früh massiv aus Ziegelsteinen erbaut wurden, wie eben auch die Bliestorfer Schmiede.

Wie aus den Hausbriefen der Hufner (1790) und der Kätner (1817) hervorgeht, waren die Bliestorfer Bauern zur Bliestorfer Schmiede zwangsverpflichtet. Dies endete erst 1870 mit Einführung des Meiergesetzes. Damit war wohl auch gleichzeitig der Niedergang der Bliestorfer Pachtschmiede eingeleitet, die sich wohl gegen die Konkurenz in Kastorf und Krummesse nicht durchsetzen konnte und so 1920 endgültig in einen land­wirt­schaftlichen Betrieb umgewandelt wurde.

Aus dem Hypothekenbuch der Mairie Castorff erfahren wir, dass die Bliestorfer Schmiede 1812 noch zum Gut gehörte, an Land gehörte dazu 26 Morgen und 39 Ruthen = 9,26 ha. Nach einer Karte von 1834 gehörten zur Schmiedestelle die direkt ans Haus anschließende Fläche zwischen Altem Hof und der Landstraße, sowie die an der gegenüberliegenden Straßenseite gelegene Backhaus­koppel und das Gelände am Gelbbrink (altes Forsthaus, heute Haus Arild).

Auf dem Anwesen der Bliestorfer Schmiede hat sich so manch brisanter Fall zugetragen. So geht aus der Bliestorfer Registratur hervor, dass dort 1800 ein Mensch tödlich verunglückte. Der Leichnam wurde vom Bliestorfer Gericht besichtigt und dann später in Krummesse beerdigt.

9. Die Untersuchng wider den Schmidt Landau und dessen Söhne pto. [in puncto] eines Schusses nach einem französischen  Chasseur à Cheval  [Jäger zu Pferd] 1811
8. Diverse Papiere welche auf das Debitwesen weil. Schmidt Landau Bezug haben 1829 ff
21. Kammerrath Steinfeld in Lübeck ./. Bvgt. Haak und Schmidt Landau pto. Forderung
42. Kaufmann Green in Lübeck ./. Schmidt Landau pto. Forderung 1806
44. And. Bechener ./. Schmidt Landau pto. debiti 1806
49. Kaufmann Peter Boberty in Lübeck ./. Schmidt Landau pto. Forderung 1808
71. Schmidt Landau ./. Bvgt. Haak pto. debiti [Forderung] 1817
77. Knecht Hans Jochen Müller zu Hamfelde ./. Schmidt Landau zu Bliestorf wegen Forderung 1819
95. Amtmann Böhme in Behlendorf ./. Schmidt Landau pto. Forderung 1823

Dazu kommt der plötzliche Tod eines aus schwedisch Pommern gebürtigen Reisenden Uhrmachers am 27.12.1812 in der Wohnung des Johann Haack. Der Uhrmacher der in der Gegend nur unter dem Namen Gottfried bekannt war, wurde mangels Papieren auf 50-60 Jahre geschätzt und ebenfalls zu Krummesse beigesetzt.

1860 ist vermerkt: Bis 1849 hat der Schmied Landau und Bauernvogt Krieger in Bliestorf für den Branntweinszwang jeder 22 Mark 8ß Cour. an die Gutsherrschaft bezahlt. Für die Krugpacht zahlt der Schmied Landau 15 Mark.



Die Schmiedestelle mit dem gegenüberliegenden Backhaus 1863


Neues Selbstbewußtsein der Gutsherrschaft gegenüber

Bliestorf , d. 29 Januar 1881

an die Gutsherrschaft Rondeshagen [Louise von Schrader]
Sie haben vorgestern einen kranken Mann Namens [H.] Borgstedt ohne meinen Willen in meiner Wohnung abladen lassen. Als ich die Aufnahme entschieden verweigerte gaben Ihre Fuhrleute mir zu Antwort, sie hätten Auftrag dazu. Eine heftige Rücksendung des Mannes ging nicht weil zu krank war. Ich mache Ihnen nur hiermit die Mittheilung das der Krankheits zustand sehr bedenklich ist u es mir nöthig scheint den Kranken in in ärztliche Behandlung zu geben, außerdem habe ich keinen Platz um ihm warmes Zimmer einzunämen. Für meine Umstande und Verflegung verlange ich von Ihnen täglich 6 Th.  u. forder Sie erstlich auf den Menschen aus meinem Hause schaffen da er nach meinem dafürhalten sehr bald stirbt und ich die Verantwortung nicht auf mir haben will. Für Ihre gewaltsame Handlungsweise werde ich Sie beim Gericht verklagen da mit ich nicht noch mehr Kranke von Ihnen erhalte. Wen Sie glauben das Borgstedt hierath bei mir hört so irren Sie, er hat im Gute seinen Unterstützung wohnsitz längst verloren wie die Unterstützung des Landrathamts kürzlich dargestellt habe.
Ihrer umgehende Antwort sehne zeichnet Hochachtungsvoll
Fritz Landau Schmidt zu Bliestorf

Dazu muss man wissen, dass der Bliestorfer Gutsbesitzer Karl Ernst Adolf von Schrader, die meisste Zeit am Hofe des Kaisers in Berlin verbrachte und wohl die Gutsaufsicht seiner Cousine, Louise von Schrader auf Rondeshagen, mit übertragen hatte.


Schmid Landau erstellt am 28. Februar 1881 eine Rechnung an die Rondeshagener Polizeiverwaltung über die entstandenen Kosten. Der Arbeitsmann Borgstedt war vom 21.01 bis zum 3.02.1881 bei Landau und wurde dann von diesem nach Lübeck ins Krankenhaus verbracht; alles in allem für 45 Rthl..


Der Schmied Loose war dafür berühmt, auch mit ganz besonders wilden Pferden fertig zu werden. Wenn’s an’s Werk ging, durfte ihm aber niemand dabei zuschauen. Später, als die Familie Carstensen den Hof übernahm, stellte man fest, dass im Boden der Schmiede eiserne Ringe eingelassen waren, an denen Loose wohl früher die Pferde beim beschlagen festkettete und so die wilden Tiere zu bändigen wußte.

Ende des 19 Jhd. richtete Familie Landau als Nebenerwerb noch zusätzlich einen Kolonialwarenladen ein.


Die Schmiedestelle auf einem Katasterauszug von 1891



Die Schmiedemeister

1697 Stapelfeld, Johann, Kleinschmied, noch 1703
1714
Schmidt, Cord, noch 1720
1728
Sasse, Claus
1732 Denker, Hinrich Nicolaus, * 1709, V: Denker, Godert, Schmied in Krummesse noch 1752, ab ca. 1754 in Kastorf
1759
Bielfeld, Jochim Hartwig (?) noch 1761, 1758 in Rondeshagen
1762
Dieckmann, Peter ∞ NN, Cath. Dor. († 1766), noch 1767
1772
Gültzow, Adolf Christopher
1773
Bock, Johann, Hinrich, Wilhelm, † 1774, ∞ 1773 Gültzow, Anna Elis.
1774
Haak, Johann Christoph Gottfried, noch 1792, wird vor 1790 Bliestorfer     Bauernvogt, 1. ∞ 1774 Gültzow Wwe. Bock, Anna Elis.,    
2. ∞ 1784 Noor, Elsabe Magd. Cath. aus Eichede
1791
Landau, Johann Hinrich Christian, Grobschmied, noch1821, ∞ Lüth, Christina aus Wulfsdorf, 1783/1784 in Rondeshagen
1829
Landau, Jochim Wilhelm, ∞ 1821 Steffen, Anna Marg. Dor. aus Niendorf
1845
Landau, Heinrich, * (1803), ∞ Grube, Christina aus Moisling, * (1805)
1850
Landau, Heinrich David, ∞ Dechau, Maria Marg. Magd.
1881
Landau, Fritz
1892 Warnke, Johann Heinrich Friedrich *1855 aus Gadebusch, Bestätigung der Kruggerechtigkeit
1900 Loose, Julius (letzter Schmied), aus Rondeshagen, erhält 1902 Schank­konzession, zur Schmiede gehören 11,5 ha Land, eine Gastwirtschaft und ein Kolonialwarenladen
  
  
  



1921    Carstensen, Theodor Ludwig aus Soholmbruck bei Husum kauft die Schmiedestelle zusammen mit anderen Flächen und wandelt die Stelle zu einem reinen landwirtschaftlichen Betrieb um.

Auf dem Gut wird eine Schmiede/Stellmacherei eingerichtet, die noch nach dem 2. Weltkrieg besteht. Die Bauern allerdings nehmen jetzt die Dienste der Kastorfer und Krummesser Schmiede in Anspruch.

1935    Lausen, Johannes, Schmiedemeister




Hofstelle Carstens 1969, links die alte Schmiede



Zustand der Schmiede 2000


Bäckerei

Bliestorf hat wohl nie eine eigene Bäckerei besessen. Die meißten Haushalte waren Selbstversorger. Doch läßt das Backhaus, dass zur Schmiede gehörte vermuten, dass im Schmiedekrug auch Brot verkauft wurde. Um die Jahrhundertwende war auch in der Kastorfer Windmühle eine Bäckerei eingerichtet, die sicherlich auch von Bliestorfern angelaufen wurde.  

Die fahrenden Bäckereien sind keineswegs eine  Erfindung des letzten Jahrhunderts. Schon 1761 erfahren wir von einem Brotträger, Gottfried Christoph Lüders , das er “von hier (Lübeck) durch Crummes, nach Bliestorf und so weiter auch wieder zurück” Brot verkauft.