Schulgeschichte ab 1691

Wann der erste Schulunterricht in Bliestorf erteilt wurde ist nicht mehr überliefert. Im Visitationsbericht über das Kirchspiel Krummesse aus dem Jahr 1683 werden nur zwei Schulen aufgeführt: 1. Krummesse, 2. Wulfsdorf. Demnach muss die Bliestorfer Schule zwischen 1683 und 1691 entstanden sein. Denn 1691 wird im Krummesser Kirchenbuch  Alexander Schröder als Schulmeister und Schneider von Bliestorf genannt. Dieser, wie auch seine Nachfolger unterwiesen die Kinder hauptsächlich in “De Tein Gebode, De Hövet Artikel unseres Gelovens, Dat Gebedt esste Vade unse, Van dem Sacramente der hiligen Döpe, u.ä.”. Außer der Fibel und vielleicht einer Bibel des Schulmeisters gab es keine weiteren Bücher. Den Kindern wurde meißt vorgelesen und sie wurden dazu angehalten o.g. auswendig zu lernen, damit aus ihnen “anständige Christenmenschen” würden.

Wie in Bliestorf übten meißt Schneider den Beruf des Schulmeisters im Nebengewerbe aus. Schneider deshalb, weil man bei ihnen in einer geheizten Stube sitzen konnte. Dazu aus der Schulordnung von 1757: Nebenbei durften die Schulmeister ein Handwerk betreiben, denn „das Schulhalten allein kann sie nicht ernähren“. Alle „auf dem platten Lande erlaubten Handwerke“ waren auch den Lehrern gestattet, so z.B. der Beruf des Schneiders. Nur die Weberei wurde nicht gestattet, weil der Webstuhl allein schon die kleine Schulstube ausgefüllt hätte. Es versteht sich, dass „die Betreibung des Handwerks“ während der Schulstunden verboten war.


1727 Entlohnung des Schulmeisters

Wahrscheinlich zur Einstellung des Schulmeisters Christian Rosenow schreibt Thomas Heinrich von Wickede am 8. Juli 1727 nieder, was der Schulmeister zu Bliestorf an Pflichten sowie an Einkünften zu erwarten hat. So besteht sein jährlicher Lohn aus 30 Schilling, die jeweils am Martinitage (11.11.) fällig sind, dazu kommen für jedes Kind 3 Brote, wenn diese lesen und schreiben können, sogar sechs Brote. Außerdem waren die Hufner verpflichtet im Holz zu liefern und die Kätnern ihm bei der Ernte bzw. bei der Bestellung seines Kohlgartens zu helfen. Ihm stehen eine freie Stube, eine Kammer, Kohlgarten und etwas Land zu. Er darf zwei Kühe und einige Schweine auf der Gemeinen Heide halten, die von den Hirten mitgehütet werden müssen. Dafür war er verpflichtet mindestens 20 Kinder bis zu ihrer Konfirmation zu unterrichten.

Copea 8/7. 1727

Was der Schulmeister des dorfes Bleystorff lassen
zu gemerken hat und was er da gegen zu laten
geholben ist.

1) Er hat jährlich so martini (11.11.) 1727 seinen anfang
ambt zu gr..ßen, als sein Salarum 30 Schilling
2) Freie Stube, Kammer, Kohlgarten wie auch
etwas Land frey
3) 2 Kue, einige Schweine auf der gemeinen
Heide frey, so jedoch von dem kuhirten und
Schweinehirten gehalten werden mußen.
4) Vor jedes Kind aus dem Dorfe, es mag in der
Schulen gehen, oder nicht, jährlich 3 Brod, fänget
den so bald ihr Kinder 5 Jahr alt seyn daviel
er Herr Pastor zu Crumeß selbige tüchtig zum heligen
Abendmahl zu gehen erklären wird, wenn aber
die Kinder rechnen und schreiben, aber das jahr
darin selbige zum Fest des Hern gehen sollen
so dann bekömt er von jedem Kind 6 Brod jährlich

Wenn ein Hufner oder Halbhufner fuer 2 oder
3 Kinder in der Schulen zu gehen hat so soll
ihm vier fuder Holze außer dem brodt
den Kätner aber so 2 Kinder in die Schulen hat
soll ihm 3 Tage mehr Erntehelfen, oder
den Kohlhof zu graben geholben seyn!

Dahingegen ist der Schulmeister schuldig 20 Kinder
so die Obrigkeit ihm anzeigen wird ohn entgeld
zu informieren und falß viel Kinder zu Bleystorff
nicht befindlich so kan die Obrigkeit aus anderen
Dörfern selbige nehmen. solten aber mehr als
20 Kinder in die Schule sich einfinden  von den ...-
gen kan der Schulmeister sein Gebühr nehmen
und sollen selbige zu seiner bequemen Subhiste seyn.

Wann aber seine H...e nach Lübeck gehe
so sind  ...     verb...dgen meinem Hause an J..shre
ob daselbst  ...  zu b...   ist.

Blystorf d. 8 Juli 1727
T. H. v. Wickede
Erbherr auff Blystorf

  der alte Schulkaten oben in der Mitte an der Lübeck-Hamburger-
Landstraße auf der Karte von 1776
Grundriss s. unten


1809    8. Juli 2. Vergleich zur Lehrerstelle Bliestorf
Dieser Vergleich hatte die Auflösung der alten Schulkatenstelle zur Folge, die für Bliestorf schon seit 1718 nachgewiesen ist. Die Gutsherrschaft kaufte sämtliche Ländereien der Schulkatenstelle auf und stellte dem Schulmeister die ehemalige Hirtenkoppel sowie den Sandkathenkohlhof zur Verfügung.

1831 Brief des Bliestorfer Lehrer Reimers   

an Pastor Hillefeld in Krummesse

Empfangen Sie meinen herzlichen Dank für Ihre gütige Theilnahme. Sie haben bereits Vieles zu meiner Erleichterung dadurch begetragen, daß Sie nicht die Kinder in zwei Abtheilungen unterrichten ließen.

Vor einigen Tagen hatte ich einen unerwarteten Besuch von unserem Gutsherr, welcher auf seiner Reise nach Ratzeburg bei mir vorsprach. Er trat in die Schulstube und da ich ich eben mit Erklärung einer biblischen Geschichte beschäftigt war, so empfing ich Herrn von Rumohr, den ich nicht gleich kannte mit den Worten: „Ich habe jetzt Schule und kann mich nicht stören lassen“. Als er mir aber näher trat erkannte ich ihn, und entschuldigte mich so gut es aus dem Stehgreif gehen wollte. Er ging nun in die Wohnstube, die er sehr klein fand. Ich versicherte ihm sie sei zu meinem Bedarf groß genug, nur sei es mein Wunsch, die Schulstube baldigst vergrößert zu sehen. Er sagte: „Ja, nächstes Frühjahr müßten wir alles gehörig in Augenschein nehmen“ worauf er sich wieder entfernte.

Yes, reverend Sir, you are right I once saw better days but I never regret them, my life was a series of fatal events, but I praise providence, who in the evening of my days kindly put me in a situation in which I still may enjoy pleasure, and do any good.

[Ja, Herr Pastor, Sie haben Recht, ich habe schon bessere Tage in meinem Leben gesehen, aber ich bedauere nichts, mein Leben war eine Abfolge verhängnisvoller Ereignissse, aber Ich danke der Vorsehung, die mir an meinem Lebensabend gnädigst erlaubt, dennoch Vergnügen zu empfinden und etwas Gutes zu tun.
Mit angeheuchelter Hochachtung zeichne]

Bliestorf, den 15. Februar 1831
Ihr ergebener Reimers


Plan des Schulkatens von 1832: Die Schulstube bemisst sich auf 24 x 18 Fuß (7,20 x  5,49 m)


1832    Reparatur des Schulkaten durch von Schrader
1833    Wird der Tagelöhner Hormann wegen seiner Tochter und der Tagelöhner Melker wegen seines ältesten Sohnes mit einer Ordnungsstrafe belegt und aufgefordert diese Kinder zur Schule zu schicken.

1834 entschließt sich von Rumohr eine neue Schule direkt im Dorf zu bauen.

Wie auch an anderen Landschulen üblich, übernahm die Lehrersfrau den handwerklichen Unterricht, die sogenannte Nähschule, für die Mädchen. Dafür wurde Frau Döpke z.B. von der Gemeinde mit __ Mark entlohnt.

1848    Besserung des Bliestorfer Schulweges
1852    Neue Regelung zur Dotation des Schullehrers
1866     Anweisung der Dorfschaft zur Besserung des Schulweges wegen anhaltenden Regenwetters
1868    10. Okt. “Landschulordnung für das Herzogtum Lauenburg”

Dotation für den Schullehrer 1877: alle halbe Jahr 33 Mark und 27 Pfennig von der Gemeinde.
Am 15.12.1878 erwirbt die Gemeinde sogar eine Geige für den Musikunterricht für 11 Mark.

1882    Neue Regelung zur Dotation des Schullehrers, Lehrer bekommt 33 Mark 27 Pf., Für die Nähschule erhält Frau Döpke 18 Mark 10 Pf.. Das Brandgeld für das Schulhaus beträgt: 9 Mark 20 Pf.


Erinnerungen aus dem Leben von Carsten Christiansen  (1877-1942)

Lehrer Christiansen in Bliestorf von 1898 - 1902

Nach dem Abgang vom Seminar bummelte ich zwei Monate zu Hause herum, bis eines Tages von der Regierung in Schleswig mir Befehl zuging, mich am 01. Juni dem Königl. Kreisschulinspektor in Ratzeburg zur Verfügung zu stellen. Einen nicht geringen Schrecken bekam ich , – denn nach der Landkarte hatte ich bald heraus –, daß es eine Grundschule war, die ich zu übernehmen hatte. Und davon hatte ich schon allerlei gehört, besonders soweit es mecklenburgische Verhältnisse betraf. Übrigens galt Lauenburg bei den Lehrern Schleswig-Holsteins in Schul­verhältnissen als Übergang zu Mecklenburg. Und was ich geahnt hatte, sollte sich voll und ganz bewahrheiten, es war eine große einklassige Gutsschule mit 80 bis 90 Kindern, die Klassenleistungen in schlechtem Zustand. Nachdem ich am 01. Juni bei dem Kreisschulinspektor Dr. Schütt (von meinem Vorgänger in Bliestorf „Johann Fürchterlich“ genannt) mich vorgestellt hatte und von ihm informiert worden war, ging es abends zurück nach Bliestorf in die Gastwirtschaft zum Übernachten und am nächsten Morgen zum Gemeindevorsteher, der ganz naiv meinte, die Braut meines Vorgängers in Bliestorf sollte ich mir anschaffen. Dann ging ich in die Försterei, wo meine Vorgänger in Kost gewesen waren. Ich kam dort auch zum Essen unter, wohnte allerdings im Schulhaus. Soweit war alles sehr schön, aber der Pferdefuß war die große Gutsschule. Ich sollte nun diese Klasse hochbringen, was mir in den vier Jahren dort aber nie gelungen ist.

Ein paar Wochen nach meinem Einzug öffnete sich an einem Montagmorgen die Schultür plötzlich und herein traten drei vornehme Herren, von denen ich schon zwei kannte, Dr. Schütt und Pastor Hinsch aus Krummesse, der Ortsschulinspektor war. Der andere Mann war ein Herr aus der Regierung in Schleswig, der mich kennenlernen wollte. Ich stand da, wie ein armer Sünder und war froh, als die drei bald wieder zur Tür hinausgingen. Ich hatte den Pastor gebeten, meine Versetzung zu befürworten, woraus aber nichts wurde. Ich mußte bleiben und blieb dann bis zum 1. April 1902. Mein Wunsch war damals, jedes halbe Jahr auf eine neue Stelle in den verschiedenen Gegenden der Provinz versetzt zu werden. Die erste Revision durch Dr. Schütt war im November desselben Jahres. Das Ergebnis der Revision war ein glänzender Reinfall. Was der Herr von den Kindern alles verlangte, war unglaublich. Vom Krieg 1870/71, den er als Reserve-Offizier mitgemacht hatte, verlangte er mehr, als ich selbst davon wußte. Nachher erfuhr ich von mehreren jüngeren mir bekannten Lehrern, daß es ihnen auch nicht besser ergangen sei. Er war für viele Lehrer ein Schreckgespenst. Der Organist in Krummesse sagte: „Der Löwe wird immer hungriger, je weiter er sich von der Höhle entfernt“ und „meine Frau hat heute Nacht von ihm geträumt, er kommt bald“. Meinen Vorgänger hatte er meistens so sehr geärgert, daß er nach der Revision nichts essen konnte, sondern weinte und schimpfte. Mindt hatte es auch fertig gebracht, vor dem Allgewaltigen auf den Tisch zu schlagen. In der zweiten Prüfung fiel Mindt dann natürlich durch und ging in den Hamburger Schuldienst. Einem alten Lehrer in Breitenfelde, einem  herzensguten Mann, war, wenn man das Gespräch auf Dr. Schütt brachte, sogleich die gute Laune verdorben. Als dieser Dr. Schütt 1899 nach Kiel-Gaarden versetzt worden war und dorthin umzog, revidierte er schon, während seine Möbel noch auf der Reise waren, Schulen in seinem neuen Bezirk. Ich war sehr froh, als er weg war. Sein Nachfolger war ein Herr Schöppa, ganz nett, aber sehr pedantisch, der sich über mich ärgerte, als ich ein paar Jahre später in den Lübeckschen Schuldienst übertrat.

Im Bliestorfer Schulhause, das etwas verfallen war, habe ich fast vier Jahre allein gehaust. Meine Gesellschaft bestand nur aus Ratten und Mäusen. In der Schulstube waren große Rattenlöcher. Und wenn ich sonntags oder nachmittags allein in der Schulstube war, kamen die Biester aus ihren Löchern heraus und suchten Brot von den Kindern. Mein Schwager Joseph Müller schoß im Zimmer nach den Tieren. Wenn ich abends spät nach Hause kam, standen noch die Fenster meiner Wohnung offen, so daß es hineingeregnet hatte. Gestohlen ist mir aber nie etwas.

Während der Bliestorfer Jahre diente ich die Militärzeit ab. Im Jahre 1899 war ich für 10 Wochen in Lübeck, 1900 für 6 Wochen ebenfalls dort und 1901 für 4 Wochen in Bremen. Bis 1900 dienten die Lehrer nur diese wenigen Wochen, später ein Jahr. Es wurden damals Lehrerkompanien gebildet aus den jungen Lehrern des ganzen Armeekorps. Die einjährigen Lehrer später bezogen natürlich kein Gehalt wie wir, sondern mußten sich selbst unterhalten und waren dann „einjährige Freiwillige“ mit Schnüren. Wer unbemittelt war, mußte als Staatseinjähriger ohne Schnüre dienen und wurde dann leicht über die Achsel angesehen.

Bliestorf war eine Patronatsschule, d.h. der Baron war der Patronatsherr und hatte das Recht, den Lehrer zu berufen. Dafür mußte er viel zum Unterhalt der Schule beitragen. Der damalige Baron von Schrader war ein jüngerer, aber sehr leichtsinniger Mensch. Sein Vater war durch sein Duell mit dem Baron von Kotze (s. von Scharder) bekannt geworden. Beide bekleideten Ehrenämter am Kaiserlichen Hof, was viel Geld kostete. Hofklatsch war die Veranlassung zum Duell auf dreimaligen Kugelwechsel dieser beiden Herren, bei dem von Schrader sein Leben lassen mußte und dann in St. Georgsberg im Erbbegräbnis beigesetzt wurde. Die Frau des Herrn von Schrader war eine holländische, katholische Gräfin, sehr eitel und gern gesehen am Kaiserlichen Hof.

Der alte Baron hielt in Berlin seinen Haushalt und einen Rennstall, der viel Geld kostete. Ein Freund von ihm war z.B. der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, der ihn auch in Bliestorf besuchte. Der junge Baron kam immer weiter in Schulden, womit der alte schon den Anfang gemacht hatte, so daß er sein Gut Kulpin verkaufen mußte, dann den Fliegenberg (einen Wald), Klein Weeden und schließlich auch Bliestorf. Er kam in Verdacht, um Geld zu bekommen, daß er selbst einige Hofgebäude in Kulpin und Bliestorf angesteckt habe. Schließlich zog er nach Wiesbaden, wo er nach dem 1. Weltkriege Hochverrat betrieben haben soll.

Mein Pastor und Schulinspektor in Krummesse war der noch lebende Hinsch in Lübeck. Von Zeit zu Zeit rief er die Leher seiner Inspektion zusammen, um mit ihnen Schulfragen zu besprechen. Er war ein feiner wohlwollender Vorgesetzter, der die Sache auch beherrschte. Der Organist Latz in Krummesse hatte eine wenig angenehme Frau, eine richtige Xantippe, die gerne Ausfrug und andere Leute schlecht machte. Er konnte ganz furchbar schimpfen und in der Klasse prügeln, so habe ich z.B. das Wort von ihm beibehalten: „Ji Krummesser Jungens sünd so dumm, dat juch de Gös biet“. Meine ältesten Schüler und Schülerinnen waren nur acht Jahre jünger als ich, so daß sie heute auch schon mindestens Mitte der fünfziger sind.


Plan der Bliestorfer Schule von 1899

?          Hart, NN
1920    Körner, Heinrich vorher Gudow, dieser konnte nicht Orgel spielen

1928-1934 Carstens, Karsten *1889 > Gröbenzby/Kappeln

1933 Kahns, NN

Am 1.  April 1934 beschließt die Gemeinde das die Schulkasse mit der Gemeindekasse vereinigt werden soll. Bei der Übergabe am 21. April wird ein Fehlbetrag von 248,37 RM festgestellt. Der Schulkassenleiter, Lehrer Carstens kann den Fehlbetrag allerdings nicht erklären. Daraufhin einigt man sich in der Gemeinde den Lehrer zu entlassen und diesen für den Fehlbetrag haftbar zu machen.

1934-1936 Gripp, Ernst *1892 Hamburg

Lehrervertretungen 1935/1936
Hadenfeldt, Martens, Kahns (Krummesse), Pötau, Kuhnau (aus Rondeshagen), Harms (aus Klempau)